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Tierische Wetterpropheten

„Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder bleibt wie es ist!“

Viele Bauernregeln und Volksweisheiten drehen sich um tierische Wettervorhersagen und die erstaunliche Fähigkeit, Wetter und Naturkatastrophen vorauszuspüren. Können Tiere etwa die geheimnisvollen Kräft der Natur vorhersehen, sind sie feinfühliger als wir Menschen oder haben sie wirklich einen sechsten Sinn?

Flutwellen, Waldbrände, Vulkanausbrüche oder Erbeben – dass Tiere unruhig werden oder sich sogar rechtzeitig in Sicherheit bringen, wurde schon oft beobachtet. Bei herannahendem Gewitter verschließen Ameisen die Löcher ihres Baus, Schmetterlinge suchen Unterschlupf oder schließen die Flügel, Spinnen stoppen den Netzbau und verstecken sich, Schwalben fliegen tiefer, Käfer höher als sonst. Elefanten rennen, Seevögel bleiben am Ufer, Frösche klettern von Bäumen oder Leitern herunter und unsere Pferde buckeln und sind nervös.

Ob unsere Tiere wirklich einen sechsten Sinn haben, ist jedoch nicht bewiesen. Sie nehmen ihre Umwelt anders wahr als wir Menschen und ihre Sinnesorgane sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Menschen verlassen sich im Wesentlichen auf Verstand, Sprache und Sehsinn. Für unsere Tiere sind eher Gehör, Geruchs- und Tastsinn überlebenswichtig.
Vielleicht ist es nicht der sechste Sinn, der Tiere scheinbar Katastrophen voraussehen lässt, sondern einfach eine viel feinere Wahrnehmung ihrer Umwelt.

Bei schönem Wetter fliegen Insekten, die der Nahrung von Vögeln und natürlich auch von Fröschen dienen, höher. Also fangen Frösche an zu klettern, um an Ihre Nahrung zu gelangen. Ist das Wetter hingegen schlecht, finden Sie auch in tieferen Lagen am Boden genug Futter. Man kann also durchaus die Wetterlage am Verhalten der Frösche ausmachen.

Unsere Pferde klettern bei Sonnenschein natürlich nicht auf Bäume wie ihre hüpfenden Kollegen. Jedoch gibt es gibt viele Anzeichen für ihre Wetterfühligkeit, die wir an ihrem Verhalten erkennen können. Jeder sollte nur genauer hinsehen und kann dadurch sicher viel von seinem vierbeinigen Liebling lernen.

Pferde haben viel feinere Antennen als Menschen, das zeigt sich in der täglichen Praxis beim Sehen, Hören und Riechen. Sie sehen Bewegungen in der freien Natur meist schon aus größerer Entfernung als ihre Reiter, hören weit weg knackende Äste oder einen fremden Hufschlag. Beim Ritt durch den Wald erkennen und meiden sie Wildtiere, ohne dass wir diese je zu Gesicht bekommen.

Pferde sind Fluchttiere, deshalb ist eine frühzeitige Wahrnehmung von Gefahren für sie überlebensnotwendig. Schon allein rein anatomisch sind sie uns Menschen haushoch überlegen. Sie können ihre Ohrmuscheln drehen und leiten so den Schall ungefiltert wie über einen Trichter direkt ins Innenohr. Ihre Augen ermöglichen ihnen fast eine Rundumsicht, da sie seitlich am Kopf liegen. So können sie Bewegungen und Gefahren schon von weitem erkennen. Große Nüstern und eine riesige Reichschleimhaut ermöglichen die Aufnahme kleinster Gerüche aus großer Entfernung. Da können wir Menschen wohl nicht mithalten!

Wildpferde sind ganzjährig fast ungeschützt den Naturgewalten ausgeliefert. Starke Stürme oder schwere Unwetter sind Gefahren, die sie frühzeitig erkennen müssen, um rechtzeitig Schutz zu suchen. Mit einer sogenannten „Alarmhaltung“ (angespannter Körper, angelegte Ohren) signalisieren sie anderen Herdenmitgliedern eine Gefahr oder ein drohendes Unwetter. Grasen sie ruhig und weit voneinander entfernt, ist meist mit schönem Wetter zu rechnen. Leichter Regen oder Schnee machte den Pferden erfahrungsgemäß nichts aus und die wenigsten stellen sich unter. Bei stärkerem Regen ist jedoch oft zu sehen, dass sich die Tiere Schutz unter Bäumen oder Felsen suchen und dort den Regen oder Schneefall abwarten. Auch bei Offenstallpferden kann man beobachten, dass sie bei solchen Wetterlagen ihren Unterstand aufsuchen und diesen kaum verlassen. Welcher Mensch geht schon gerne bei Wind und Nieselregen spazieren!

Pferdebesitzer berichten, dass Pferde in Gruppenhaltung schon Stunden, bevor es anfängt zu regnen, ins Freie gehen, Unterschlupf suchen oder ihr Hinterteil geschlossen in eine Richtung drehen. Riechen sie herannahenden Regen über hunderte von Kilometern hinweg?
Wie beim Menschen ist es wohl individuell unterschiedlich, wie und ob Pferde wirklich auf das Wetter reagieren und daher schwierig, eine allgemeingültige Aussage über Wetterfühligkeit bei Pferden zu treffen. Es wäre natürlich auch möglich, dass Pferde wie manche Menschen einen Wetterwechsel durch Schmerzen an älteren Verletzungen oder Knochenveränderungen spüren, aber wir können sie ja leider nicht fragen.

Tierärzte berichten immer wieder, dass bestimmte Wetterlagen und schnelle Wetterwechsel mit großen Schwankungen bei Temperatur oder Luftfeuchtigkeit schwere Koliken begünstigen. Eine Ursache könnte sein, dass Wetterreize das vegetative Nervensystem ansprechen oder sogar stören, denn dieses steuert die Darmtätigkeit. Man geht davon aus, dass die Darmschleimhaut bei Kreislaufproblemen vermindert durchblutet und dadurch träge wird. Eine langsamere Verdauung kann zu Fehlgärung mit massiver Gasentwicklung führen.

Einfacher wäre es wohl, wenn unsere Pferde wie Frösche im Glas auf die Leiter steigen. So könnten wir recht einfach erkennen, ob es wärmer oder kälter wird. Kleine und feine Hinweise bei unseren Tieren zu erkennen, ist für uns Menschen schon schwieriger und wir müssen sehr genau hinsehen.
Ob am Mythos Wetterfrosch Pferd wirklich etwas dran ist, können wir nicht mit Sicherheit sagen, aber unsere Erfahrungen zeigen, es könnte wohl doch ein Funken Wahrheit drinstecken…… Wer weiß!

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