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Aus der Sicht der Pferde

Pferde sind grasende Flucht- und Beutetiere. Darauf sind auch ihre Augen ausgelegt. So erkennen sie eventuelle Gefahren schon deutlich früher, bevor der Mensch überhaupt etwas wahrnehmen kann. Vor allem Bewegungen, auch aus sehr großer Entfernung, nimmt das Pferdeauge gut wahr, denn in freier Wildbahn könnte es sich schließlich um ein Raubtier handeln, dass sich dort im Gebüsch versteckt. Als Anpassung an diese spezielle Lebensweise haben ihre Augen im Laufe der Evolution einige Besonderheiten entwickelt. Vielen Reitern würde ein Blick aus den Augen ihrer Pferde wohl mehr Verständnis für manche „Zicken“ oder „Unarten“ der Tiere vermitteln.

Rundumblick

Das Blickfeld des Menschen ist nach vorne gerichtet. Pferde haben seitlich am Kopf sitzende große Augen, sehen einen deutlich größeren Winkel und haben aufgrund der Horizontalform ihrer Pupillen nahezu einen Rundumblick mit fast je 180 Grad pro Pferdeauge. Anders als beim Menschen liegt ihr Schwerpunkt jedoch nach unten, um auf den Boden lauernde Gefahren zu erkennen. Das ist allerdings auch der Grund, weshalb sie oft auf am Boden liegende Objekte empfindlich reagieren – der Sonnenstrahl in der Reithalle oder ein Schatten auf dem Platz. Pferde sehen fast alles, aber unter dem Körper, vor dem Nasenrücken (50 bis 80cm), hinter der Kruppe und etwa 1,20m vor den Vorderbeinen befinden sich tote Winkel für das Pferdeauge. Kurz vor einem Hindernis sieht ein Pferd also nicht einmal mehr worüber es springen soll! Kein Wunder also, wenn Pferde Hindernisse einfach umrennen oder ihren Kopf beim Springen heben. Kein „normaler“ Mensch springt doch ohne Sicht über einen Bach, oder?

Durch die seitliche Anordnung der Augen können Pferde nur vorne, in einem Bereich von etwa 60 Grad, ihre Umgebung dreidimensional (binokulares Sehen = beidäugig sehen) wahrnehmen. Seitlich des Kopfes sehen sie nur zweidimensional (monokulares Sehen = einäugig sehen). Wenn Pferde etwas genauer inspizieren wollen, versuchen sie daher das Objekt ins räumliche Sichtfeld zu bekommen. Wir sollten unseren Pferden daher in solchen Situationen genügend Kopffreiheit lassen, damit sie ihre Umgebung genau betrachten können. Auch nach oben ist der Blickwinkel eingeschränkt, da Pferde keine natürlichen Feinde haben, die von dort aus angreifen.

Scharfsehen

Pferde sehen bis zu 10 Metern scharf, wenn sie ihren Kopf in Richtung des Objekts wenden und mit beiden Augen erfassen können und neigen zur Weitsichtigkeit. Was sie nur mit einem Auge sehen oder sich in größerer Entfernung befindet, nehmen sie allerdings nur unscharf wahr. In der Nacht sehen Pferde viel besser als wir Menschen, jedoch können sie sich aber weniger gut an verändernde Lichtverhältnisse anpassen und benötigen sogar ca. 20 bis 30 Minuten, um sich an Dunkelheit zu gewöhnen. Ein Anhänger oder eine dunkle Box ist für unsere Pferde also wie ein schwarzes Loch! Auch dunklere Flächen wie Schatten oder Pfützen, scheinen bedrohlicher und noch schwärzer als für uns Menschen. Kleinen Pfützen werden zu riesigen Löchern mit gruseligen Loch-Ness-Monstern. Da kann schon mal Panik aufkommen!

Bewegungssehen

Auch das ausgeprägte Bewegungssehen der Pferde ist manchmal anstrengend. Sie können schon kleinste Bewegungen seitlich oder seitlich hinten wahrnehmen und dementsprechend „überreagieren“ und scheuen. Für das Pferd als Fluchttier ist es nicht wichtig jedes kleine Detail scharf sehen zu können, sondern jede kleine Bewegung wahrzunehmen. Deshalb versuchen Pferde immer den Horizont im Auge zu behalten.

Wahrnehmung

Eine weitere Besonderheit: Pferdeaugen arbeiten unabhängig voneinander. Das linke Auge ist mit der rechten Gehirnhälfte verbunden, das rechte Auge mit der linken Gehirnhälfte. Bei der Verknüpfung hakt es jedoch manchmal. Hat sich das Pferd an einen Gegenstand auf einer Seite gewöhnt, kann dieser Gegenstand – von der anderen Seite wahrgenommen – ein völlig neues „Ungeheuer“ sein.
Wiedererkennung Fehlanzeige!

Farbsehen

Im Gegensatz zu Menschen, können Pferde nur 2 Grundfarben erkennen und nehmen deshalb einige Farbtöne unterschiedlich wahr.
Offensichtlich können Sie auch Farben voneinander unterscheiden. Ihre Welt ist etwas grauer als unsere und sieht laut Testergebnissen eher Blau, Gelblich-Grün und Grau aus. Sie unterscheiden Rot von Grau und erkennen die Farben Gelb und Blau. Rot ist für Pferde allerdings ein dunkelgraues Gelb-Grün und hat keinerlei Signalwirkung, Blau wird wohl am besten erkannt, Brau und Grau können Sie nicht unterscheiden. Grün und die Farbe von Wiesen und Wäldern nehmen die Tiere in ähnlichen Farbtönen wahr wie Menschen.

Hindernisse und Trainingsparcours kann man also auch farblich pferdegerechter aufbauen und mit etwas Wissen können wir unsere Tiere und ihre „Unarten“ auch besser verstehen.

Also schau mir in die Augen, Kleines!

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